Unterschiede TA-Lärm zur AVV Baulärm
Die TA-Lärm in der aktuellen Fassung von 1998 ist wesentlich neuer als die AVV Baulärm von 1970. Daher ist ein Vergleich der Regelungen durchaus von Interesse, da er die Entwicklung im Immissionsschutzrecht aufzeigt.
Anwendungsbereich
TA-Lärm 1968 galt nur für genehmigungsbedürftige Anlagen
TA-Lärm 1998 gilt für genehmigungsbedürftige und nicht genehmigungsbedürftige Anlagen, soweit diese nicht ausdrücklich ausgeschlossen sind, wie eben Baustellen
AVV Baulärm 1970 gilt für Baumaschinen und Kraftfahrzeuge auf Baustellen
IRW- Immissionsrichtwerte nach Gebieten – Bezug auf BauNVO
TA Lärm 1968 und AVV Baulärm enthalten die identischen Gebietseinordnungen und Immissionsrichtwerte, die jedoch nicht mit den planungsrechtlichen Gebieten aus der Baunutzungsordnung (BauNVO) übereinstimmen.
TA Lärm 1998 enthält Gebietsbeschreibungen, die ausdrücklich mit denen der BauNVO übereinstimmen.
Tages- und Nachtzeiten
TA-Lärm hat 16 Tagstunden, von 6:00 Uhr bis 22:00 Uhr.
AVV Baulärm hat 13 Tagstunden, von 7:00 bis 20:00 Uhr.
Die 32. BImSchV enthält für Wohngebiete die gleiche Nachstundenregelung wie die AVV Baulärm.
Messung und Prognose
Die AVV Baulärm regelt das Messverfahren zur Ermittlung des Beurteilungspegels und erwähnt Prognosen nur einmal in Anlage 5.
Die TA Lärm 1968 regelt ebenfalls ausdrücklich nur Verfahren für die Ermittlung der Geräuschimmissionen durch Messung.
Gleichwohl setzt die TA Lärm von 1968 eine Prognose voraus, weil die Einhaltung der Immissionsrichtwerte Voraussetzung der Genehmigung ist. Die Einhaltung kann im Regelfall nur mittels einer Prognose überprüft werden.
Die TA-Lärm 1998 hält dies ausdrücklich fest: „Die Prüfung der Genehmigungsvoraussetzungen setzt in der Regel eine Prognose der Geräuschimmissionen der zu beurteilenden Anlage [….] voraus“, Ziffer 3.2.1 Abs. 6.
In Ziffer A.2 sind Vorgaben für Prognosen enthalten; es wird unterschieden in detaillierte und überschlägige Prognosen.
Messort
TA Lärm 1968 & AVV Baulärm – 0,5 m vor dem geöffneten, vom Lärm am stärksten betroffenen Fenster eines zum Aufenthalt von Menschen bestimmten Gebäudes.
TA Lärm 1998 – 0,5m außerhalb vor der Mitte des geöffneten Fensters des vom Geräusch am stärksten betroffenen schutzbedürftigen Raumes nach DIN 4109.
Messabschlag
TA-Lärm 19968 und 1998 sehen für Messungen jeweils einen Abzug von 3 dB(A) vom Beurteilungspegel (6.8 TA-Lärm 1998).
Die AVV Baulärm kennt keinen Messabschlag.
Bitte beachten: Der Messabschlag gilt nicht für Prognosen.
Eingriffszuschlag
Die AVV-Baulärm sieht vor, dass die zuständige Behörde ab einer Überschreitung des Immissionsrichtwertes um 5 dB(A) einschreiten soll, Ziffer 4.1, also eine Ermessensreduzierung auf Null vorliegt und eine Handlungspflicht besteht.
Die TA-Lärm kennt diesen Zuschlag nicht, sondern nur den Messabschlag von 3 dB(A).
Beurteilungszeiten & Zeitabschlag
Die AVV Baulärm orientiert sich an der durchschnittlichen täglichen Betriebsdauer der Baumaschinen und enthält Zeitabschläge in Abhängigkeit von der durchschnittlichen Betriebsdauer in Ziffer 6.7.1.
Bei der TA-Lärm ist die Beurteilungszeit tagsüber 16 Stunden, wenn auch mit besonderer Berücksichtigung der Randstunden vor Ende bzw. Beginn der Nachtzeit, Ziffer 6.5.
Die Nachtzeit wird bei der TA-Lärm anhand der lautesten Nachtstunde ermittelt. Bei der AVV Baulärm liegt eine Überschreitung des IRW vor, wenn ein oder mehrere Messwerte den IRW um mehr als 20 dB(A) überschreiten, ansonsten nur bei Überschreitung der für die Nacht geltenden IRW über die gesamte Nachtzeit von 10 Stunden.
Tonzuschlag
TA-Lärm 1968 sieht einen Zuschlag von bis zu 5 dB(A) für auffällige Geräusche (Einzeltöne) vor, Ziffer 2.42.
AVV Baulärm sieht einen Lästigkeitszuschlag von bis zu 5 dB(A) für deutlich hörbare Töne (z.B. Singen, Heulen, Pfeifen, Kreischen), Ziffer 6.6.3.
TA-Lärm 1998 sieht je nach Auffälligkeit von hervortretenden Tönen einen Zuschlag von 3 dB(A) oder 6 dB(A) vor, Ziffer A.2.5.2. – für Prognosen, Ziffer A.3.3.5 für Messungen). In DIN 45645-1 wird unterschieden nach auffälligen Tönen (3 dB Zuschlag) und besonders auffälligen Töne (6 dB Tonzuschlag).
Messpegel – Taktmaximalpegel
Die AVV Baulärm sieht aufgrund der typischen Impulshaltigkeit von Baustellengeräuschen nur die Messung des Taktmaximalpegels vor, d.h. der höchste Wert aus einem 5-Sekunden Takt ist maßgeblich.
Die TA-Lärm 1998 sieht die Berücksichtigung der Impulshaltigkeit eines Geräusches als Zuschlag nur dann vor, wenn das zu messende oder zu prognostizierende Geräusch impulshaltig ist, Ziffer 2.9. Die Regelungen sind in Ziffer A.3.3.6 für Messungen, A.2.5.3 für Prognosen enthalten. Allerdings ist der Zuschlag für die Impulshaltigkeit bei Prognosen (nicht bei Messungen) begrenzt, und je nach Störwirkung mit 3 oder 6 dB anzusetzen, es sei denn, es liegen Erfahrungswerte für andere Werte vor.
Die TA-Lärm 1968 sah einen Zuschlag von bis zu 5 dB(A) für auffällige Geräusche mit auffälliger Pegeländerung vor, Ziffer 2.42. Die gleiche Regelung gilt auch für einen Tonzuschlag. Gleichzeit sah die TA-Lärm 1968 die Ermittlung des Taktmaximalpegels aus einem 5-Sekunden Takt vor, Ziffer 2.4222.2.
Gemengelage
Die TA-Lärm 1998 enthält ausdrücklich Vorschriften zur Gemengelage in Ziffer 6.7.
Die TA Lärm 1968 und die AVV Baulärm enthalten keine solche Vorschriften.
Die Rechtsprechung hat die schematische Anwendung der IRW für die verschiedenen Gebiete jedoch frühzeitig abgeschwächt. Der Länderausschuss für Immissionsschutz hat 1977 eine entsprechende Auslegungsregelung zur TA Lärm beschlossen, die dann später in der TA-Lärm 1998 ihren Niederschlag fand.
Regelungen für seltene Ereignisse und Berücksichtigung tieffrequenter Geräusche
Die TA-Lärm 1998 enthält Vorschriften hierfür, 7.2 und 7.3., die AVV Baulärm nicht.
Vor-, Zusatz und Gesamtbelastung, Fremdgeräusche
Die TA-Lärm 1998 enthält ausdrücklich Vorschriften hierzu.
Die AVV Baulärm enthält nur eine rudimentäre Vorschrift.
Definitionen – Stand der Technik/schädliche Umwelteinwirkung
Die TA-Lärm 1998 definiert ausdrücklich den Stand der Technik nach § 3 Abs. 6 BImSchG als auf den Stand der Lärmminderung bezogenen Stand der Technik, Ziffer 2.5.
Die TA-Lärm 1998 definiert ausdrücklich, dass eine schädliche Umwelteinwirkung durch Geräusche nach § 5 Abs. Nr. 1 BImSchG nicht vorliegt, wenn die Immissionsrichtwerte nicht überschritten sind, Ziffer 3.2.1 Absatz 1.
Die AVV Baulärm enthält keine solche Regelungen. Die Rechtsprechung kommt jedoch zu den gleichen Ergebnissen.