Wer ist Nachbar bei Baulärm?

Eine vermeintlich leichte Frage.
Tatsächlich kommte es darauf an, in welchem Rechtsgebiet Ansprüche geltend gemacht werden.

Baulärm & Immissionsschutzrecht

Nachbar ist jeder von Baulärm betroffene Nachbar, egal ob Mieter oder Eigentümer.
Dies ist relevant, weil bisweilen eine Bauaufsicht bei Baulärm eingreift.
Dann wird eventuell der wesentlich engerer baurechtlichen Nachbarbegriff angelegt. Es werden dann keine Maßnahmen ergriffen, weil ja aus Sicht der Bauaufsicht kein Nachbar betroffen ist bzw. sich kein Nachbar beschwert hat.

Öffentliches Baunachbarrecht

Der öffentliche Baunachbarbegriff ist enger als im Immissionsschutzrecht. Darunter fallen nur Eigentümer, also nicht Mieter und andere nicht dinglich Berechtigte. Häufig hat auch nur der unmittelbar angrenzende Eigentümer ein Baunachbarrecht.

Zivilrecht

Im Zivilrecht gibt es zwar auch eine Unterscheidung zwischen Eigentümer und Besitzer (meist Mieter).
Da es bei Baulärm vorrangig um Abwehransprüche geht, können sowohl Besitzer als auch Eigentümer Ansprüche gegen die Störer geltend machen.
Nur bei Schadenersatzansprüchen/Minderung wird zwischen Eigentümer und Mieter unterschieden.

Gebenüber wem bestehen Ansprüche bei Baulärm?

Ansprüche gegenüber Behörden

Ein betroffener Nachbar kann Ansprüche gegenüber Behörden geltend machen und sich dabei auf die AVV Baulärm berufen.

Die AVV Baulärm war zwar ursprünglich als Verwaltungsvorschrift gedacht. Da sie jedoch den Zweck hat, den betroffenen Nachbarn zu schützen, ist es ein Gebot effektiven Rechtsschutzen, dass zur Erfüllung dieses Schutzweck die Gerichte angerufen werden können.

Entsprechend kann die Frage, OB die Verwaltung tätig werden muss, gerichtlich geltend gemacht werden (Prüfung des Entschließungsermessens).
Voraussetzung für eine erfolgreiches Gerichtsverfahren ist, dass sich aus den rechtlichen Rahmenbedingungen eine entsprechende Verpflichtung zum Tätigwerden ergibt. Bei Baulärm ist dies grundsätzlich bei Überschreiten der Richtwerte aus der AVV Baulärm um 5 dB(A) der Fall, dies ergibt sich aus Ziffer 4.1 der AVV Baulärm – „es sollen Maßnahmen zur Minderung angeordnet werden“.

Die Frage, WIE die Verwaltung tätig wird, kann hingegen grundsätzlich nicht vom Gericht entschieden werden. Das sog. Auswahlermessen der geeigneten Maßnahmen obliegt der zuständigen Behörde. Nur ausnahmesweise können per einstweiliger Anordnungen konkrete Maßnahmen aufgegeben werden.

Ansprüche gegenüber Behörden fallen in die Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte. Ansprüche richten sich gegen die Verwaltung, nicht gegen den Bauherren. Dieser wird allerdings als Beteiligter geladen und kann im Verfahren vor den Verwaltungsgerichten Stellung nehmen und eigene Anträge stellen.

Da auch Großbaustellen selten über mehrerer Jahre gehen, ist immer eine einstweilige Verfügung das Mittel der Wahl.

Ansprüche gegenüber Bauherren als Störer – Zivilrecht

Ein betroffener Nachbar kann auch gegenüber der Bauseite Ansprüche geltend machen, diese allerdings nur vor dem Zivilgericht. Zuständig ist das Amts- oder Landgericht, abhängig vom Streitwert.
Der Bauherr bzw. Grundstückseigentümer wird dabei als mittelbarer Störer angesehen, da er die von seinem Grundstück ausgehenden Emissionen, erzeugt von seinen Auftragnehmern (Baufirmen oder Nutzeren) unterbinden kann.

Ansprüche gegenüber Baufirmen als Störer – Zivilrecht

Ein betroffenen Nachbar kann auch gegenüber Baufirmen, deren Baumaschinen den Baulärm erzeugen unmittelbar vorgehen. Es ist nicht erforderlich, gegen die Bauherren vorzugehen, da auch die Baufirma Störer ist. Selbstverständlich können auch Bauherr und Baufirma gleichzeitig verklagt werden.

Welche Ansprüche bestehen möglicherweise bei Baulärm?

Gegen Behörden
Verwaltungsrecht – öffentliches Recht

Anspruch auf Tätigkeit

Gegen Bauseite – Störer
Zivilrecht

Abwehr- bzw. Unterlassungsanspruch

 

Schadenersatzanspruch

 

Minderungsanspruch (Mieter)